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Anlässlich des Absenden vom 10. September 2005 hielt der Aktuar folgende unterhaltsame Ansprache:


Leidensweg des Aktuars bis zum Höhepunkt am Eidgenössischen Schützenfest

  (Untertitel: Zahlenjonglieren in seiner ausgeprägtesten Form)


Kapitel I:    Das Projekt kann beginnen

   Der Startschuss zu den Vorbereitungen für das Eidgenössische in Frauenfeld fällt am Absenden des Eidgenössischen in Bière im September 2000. Unglaublich, ich habe zu diesem Zeitpunkt den Eindruck, dass ich noch etwas warten kann, bis ich mich mit diesem Anlass auseinandersetzen darf.

   Vor 24 Monaten ist es dann soweit: Die offizielle Homepage auf dem Internet wird aufgeschaltet. Wie Geier scharf auf das Aas sind, stürze ich mich auf die ersten spärlichen Informationen. Doch schon bald legt sich der erste Ansturm, und das ganze gerät etwas in Vergessenheit. Nicht vergessen kann ich den Gedanken, dass im Herbst 2004 die Anmeldungen erfolgen. Wann genau? Weshalb können die nicht früher den Termin für den Anmeldestart festlegen? - Schlechte Organisation . .

   Monate später, im November, ist es dann soweit: die provisorischen Schiesspläne in Miniaturform sind veröffentlicht. Ich befasse mich mit den neuen oder geänderten Vorschriften und Stichen. Wow, super, wir haben 8 Stiche zur Verfügung, um die Kranzauszeichnung zu erreichen. Mit dem Kranzstich auf 10-er Wertung wird die letzte Bastillon der 5-er Wertung aufgehoben. Erstmals seit weiss nicht wie viel Jahrzehnten ändern sie nun auch noch die Rangeurlängen. Da wir es aber gewohnt sind, an solchen Schiesstagen mit einer Überdosis an Rangeuren nach Hause zu gehen, macht mir diese Neuerung im Moment keine Sorgen. Dies sollte sich aber noch gehörig rächen. . . . Trotzdem versuche ich auf den Anmeldungen die Stiche und Übungskehren noch etwas aufzufüllen, damit die Rangeure optimal genutzt werden. Aber mein Interesse gilt in erster Linie dem Limit für das Sektionsgold. Entwarnung, die Voraussetzungen bleiben dieselben wie am letzten Kantonalschützenfest.
Die 91 Punkte Durchschnitt holen wir ja locker . . . . .
Ich habe am Endschiessen mit weiser Voraussicht die meisten Anmeldungen bereits eingeholt; für manchen Schützenkollegen erscheint dieser Zeitpunkt etwas grotesk, wo doch die Adventszeit und Feiertage erst noch vor uns liegen.


Kapitel II:    Anmeldung

   Im Oktober werde ich über den abonnierten Newsletter per E-Mail informiert, dass der Startschuss für die Anmeldungen am 16. November fällt. Mein Rennen beginnt. Selbstverständlich muss ich bereit sein, wenn die Anmeldungstore auf dem Internet geöffnet werden. Weshalb nur kommen mir die 2 Wochen bis dahin so elend lange vor . . . . . ach ja, ich mag ja nicht warten einer der ersten zu sein, der anmeldet. Schliesslich müssen wir die bestellten Rangeure auch bekommen. Hoffentlich klappt's.
Am Dienstag, dem 16. November, versuche ich den ganzen Tag alle halbe Stunde auf dem Internet auf die Anmeldung zu gelangen. Endlich, um 16.00 Uhr ist es soweit. Leider bin ich noch bei der Arbeit und nicht zu Hause, also kann ich die Anmeldungen sowieso nicht machen, da ich vor lauter Vorfreude die Unterlagen fein säuberlich abrufbereit auf meinem Bürotisch in meinem trauten Heim vergessen habe.

   Ein weiteres Highlight in der ganzen Administration ist dann die rasante Abwicklung der Stichbestellung. Da geht doch glatt die Post ab. In gerade mal 40 Minuten habe ich alle 25 Schützen angemeldet. So macht's halt doppelt Spass. Bin ich schnell genug gewesen? 3 ½ Stunden nach dem Anmeldestart sind die Freischützen gebucht. Ist etwa der 25. Juni schon ausgebucht? Welche Vetterliwirtschaft hat es wohl wieder erlaubt, dass alle anderen Sektionen vor den Freischützen an die Reihe kommen?. . . . . .
Jetzt beginnt die Warterei wieder von vorne. Weshalb besteht für mich ein Eidgenössisches denn nur aus Warten und wieder Warten.
Geduld ist angesagt.

   14 Tage später sind die Rangeure bestätigt. Das darf doch nicht wahr sein, haben wir wirklich so viel Glück? Voller Stolz bestätige ich meinen Kameraden am Chlaushock die Schiesszeiten.
Nicht zuletzt stelle ich mit Erleichterung auf der Homepage der Neuenhofer Schützen fest, dass sich diese im Januar treffen wollen, damit sie ihre Anmeldungen ausfüllen können. Ist für mich unglaublich, so lange zuzuwarten. Die sollen doch sehen, wo ihre Rangeure bleiben . . . . . . .


Kapitel III:    Geistige Vorbereitung

   Es naht. Mit jedem Tag nach Beginn der neuen Schiesssaison rückt der besagte 25. Juni näher. Ich muss allmählich meine Gedanken ordnen und meinen persönlichen Plan aufstellen, ob ich auch nichts vergessen habe. Die wirklichen logistischen Probleme eines solchen Anlasses spielen sich nicht nur auf der Baustelle auf der Allmend in Frauenfeld ab. Weit gefehlt . . .; die Logistik in meinen Hirnwindungen ist nach meinem Gefühl nicht weniger anspruchsvoll. Es gilt nicht aus den Augen zu verlieren, wie viele Teilnehmer die Freischützen stellen.
Ich rechne:
Also, die 2 Standardgewehre sind sicher 2 Pflichtresultate. Dann kommt die grosse Blotere mit den Ordonnanzwaffen, das sind bis jetzt 23. Davon müssen wir 10 Pflicht zählen. Na, das geht ja wieder mal super auf. In unserer Kategorie müssen wir eh 12 berechnen. Aber ich bin mir bewusst, dass der eine oder andere zusätzlich noch mitkommen wird. Also berechne ich vorsichtshalber 25 - 27 Ordonnänzler, dann zählen wir eben 13 Pflicht. Kein Problem, am Aargauer Kantonalen hätten wir sogar 14 zählen können und hätten immer noch füürigs gehabt. Ich stelle mich auf 13 Pflicht ein. Wird schon klappen.
Glücklicherweise bewahrheitet sich meine Hochrechnung. Es sind 2 Tage vor dem Schiesstag 27 angemeldete Freischützen. Demnach haben wir ein Polster von 2 Ordonnanzschützen, die wir noch aufbieten können, wenn es denn knapp würde . . . .

   Am Freitag vor dem 25. läuft in mir der ganze Schiesstag ab. Aber erst abends vor dem Einschlafen, da geht es so richtig los:
Ah ja, wir beginnen bereits um halb acht mit dem Chlöpfen. Sind wir früh genug vor Ort? Es hat sicher jede Menge Leute, die wollen ja alle um dieselbe Zeit damit beginnen, auf 200 Scheiben schöne, runde Löcher zu machen. Und die Waffenkontrolle ist ja auch noch. Wie weit ist es wohl vom Zentrum bis zu unseren Scheiben? Ja, und dann muss ich ja noch Mutationen vornehmen, also müssen die ersten Schützen die Rangeurbestätigungen mitnehmen. Für mich muss ich dann noch eine Kopie machen. Für alle Fälle. Ich glaube, dieses Jahr ist es nichts mit ‚grad ineligge und zueschlo'. Halb so schlimm, da ich mich bereits darauf eingestellt habe, beschäftigt mich wenigstens dieser Umstand nicht sonderlich. Oh, ich muss nochmals nachzählen, wie viele wir jetzt wirklich sind. Vor meinem geistigen Auge habe ich die Liste aller Teilnehmer und zähle sie durch. Ja, es sollte stimmen, ich habe mich nicht verzählt. - Habe ich alles in meiner Tasche verstaut? - Ich hoffe es. Oder ist es besser, wenn ich etwas früher aufstehe und nochmals einen Check mache? Ich mache Licht und stelle den Wecker eine Viertelstunde früher, man weiss ja nie. Jetzt ist mir etwas wohler. Kann es sein, dass ich nervös bin? Aber ja, sonst würde ich ja schon längstens schlafen. Scheisse, war es vorhin beim Wecker stellen nicht gerade Mitternacht durch? Ich drehe mich auf die andere Seite. So, jetzt den Kopf leeren und schöön ruhig. Sekunden danach funkt mir der Gedanke dazwischen, wie wir die 91 Durchschnitt erreichen können. Und somit ist der Schlaf einstweilen dahin, denn jetzt wird Kopfgerechnet:
   Die 13 Pflichtschützen müssen etwa einen Schnitt von 89 einhalb machen, der Rest kommt mit den 2 Prozent Zuschlag zustande. Ich nehme mal an, dass die restlichen 12 einen Schnitt von 80 Punkten erreichen. Ich rechne lieber etwas auf der sicheren Seite nach unten. Dies wären dann ca. 1,9 Punkte Zuschlag. Das würde so in etwa reichen. Wenn nur zwei oder drei 94 oder 93 Punkte machen, dann ein paar mit 90, also das ist doch wirklich machbar, kein Problem für die Freischützen . . . . oder trotzdem mal angenommen, es würde knapp . . . . ich versuche, mir die Einzelresultate im Kopf zurechtzuordnen, damit ich besser rechnen kann - so, jetzt wird aber geschlafen, ich kann es ja doch nicht beeinflussen. Aber mal angenommen es würden nur 10 Schützen - also es löscht mir beinahe ab, ich finde einfach den Schlaf nicht.
   Nach ein paar weiteren, quälenden Schnittberechnungen muss ich dann wohl doch eingeschlafen sein. Na, Gott sei Dank.


Kapitel IV:    Tag der Wahrheit und Bratwürste

   Halb 5. Guten Morgen, liebe Sorgen. Sofort den Blick aus dem Fenster. Das Wetter stimmt. Die erste Tat ist der Check auf dem Internet. Die Webcam zeigt das seit Tagen gewohnte Panoramabild der Allmend. Und die SMA prophezeit heute für Frauenfeld eine Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent für Windböen über 45 km/h. Auch das haben wir im Griff, in Bière war es ja nicht anders, da hat's auch mächtig geföhnt. Ich erfahre, dass über Nacht noch ein weiterer Freischütze seine Teilnahme angekündigt hat. Perfekt. Somit haben wir den ersten der beiden Bonusplätze bereits besetzt. Die Fahrt nach Frauenfeld geht natürlich wieder zu schnell und zu problemlos, sodass wir 40 Minuten vor Schiessbeginn das Festzentrum betreten. Die Mutationen gehen problemlos über die Bühne, es braucht halt etwas Geduld. Macht ja nichts, so kann ich dann wenigstens beim Eintrudeln in das Schiesszelt die ersten Sektionsresultate entgegennehmen. Stell ich mir vor; - bin ich mir sicher; - freu ich mich darauf.

   Nachdem auch die Munition abgeholt ist, betrete ich zum ersten Mal die ‚heilige Halle'. Der erste Eindruck ist ja immer wichtig. Es hat etwas viele Schützen hier, aber es gibt auch beinahe genügend Platz. Seltsam, weshalb meldet mir noch niemand die ersten Resultate? Aha, ich werde aufgeklärt, dass der Wind dann halt schon etwas stark gehe. Ich beobachte die beiden Schiessfahnen vorne bei den Scheiben und erkenne deutlich: Die Prophezeiung war keine - das war ein vorgezogener Tatsachenbericht!

   Trotzdem versuchen die ersten Schützen den Sektionsstich. Schön, beinahe alles Kranzresultate. Aber leider unter den von mir ausgerechneten und geforderten 89 einhalb Punkten. Nur nicht die Nerven verlieren, der Tag hat erst gerade begonnen. Er ist noch lang. Also konzentriere ich mich auf meine Stiche. Nach einer passablen Übungskehre geht der erste Stich recht gut. Die erste Etappe an einem solchen Anlass ist erreicht - der erste Kranz. Aber ich bezweifle, dass der Sektionsstich auch so gut gelingt; der Wind geht schon etwas stark. Ich werde warten, das wird schon noch besser. Erst mal eine Stärkung, die erste Festbratwurst um 9 Uhr. Das tut gut. Die allmählich aufsteigende Hitze des wunderbaren Sommertages wird durch den andauernden Wind wesentlich angenehmer als erwartet. Je länger ich überall den unzähligen Festfahnen zusehe, umso mehr wünschte ich mir einen heissen Schiesstag - aber ohne Wind.
   Anders als gewohnt trage ich die ersten Resultate auf meiner Berechnungsliste ein. ‚Proscht Nägeli', da habe ich aber schon ganz andere Resultate hingeschrieben. Es will einfach kein benötigtes Resultat kommen. Nach einem viertel Schiesstag haben 7 Schützen die Sektion geschossen. Ruhig Blut, die ‚sicheren' kommen ja noch - und der Wind wird stärker, lässt kein einziges Beaufort nach.
   Es beginnen die ersten vorsichtigen Äusserungen untereinander. Wie lange noch zuwarten? Wird es wirklich noch besser? Die ganze Krux liegt darin, dass die Sichtverhältnisse eigentlich einwandfrei sind. Na, warten wir bis kurz vor Mittag, dann geht's sicher besser. Nachdem ich noch zwei oder drei Resultate im Siebzigerbereich eingetragen habe, verlasse ich die Stätte des Frustes und gönne mir die zweite Bratwurst - oder war's eine Cervelat? - Egal, ich brauche die nötige Stärkung, das Eintragen der tiefen Resultate hat mir zusätzliche Kalorien abverlangt.

   Kurz vor Mittag haben 1 Drittel die Sektion mehr schlecht als recht abgeliefert. So, jetzt will ich es auch wieder versuchen. Unglaublich, nach so einer Übungskehre geht man nicht auf einen Stich über. Der Wind bläst den Freischützen gründlich ins Gesicht. Schön erfrischend - unter anderen Umständen. Diesmal ist er der Todfeind Nummer Eins.
   Über Mittag werden unter 4 oder höchstens 6 Augen die ersten Zweifel geäussert. Man schaut den Tatsachen ungewohnterweise ins Antlitz. Ist das möglich? Niemand will den Teufel an die Wand malen, man baut sich gegenseitig auf - trotzdem spielt der Gedanke mit, dass wir die 36-jährige Goldserie eventuell nicht halten können. Ich glaube, ich bin im falschen Film. - Die Energiezufuhr ist an diesem Tag so ziemlich das einzige, was problemlos funktioniert. Also geniesse ich mein Mittagessen. Mmmh, das sind 2 feine Bratwürste.
   Als dann am Nachmittag weitere magere Resultate verbucht werden müssen (ein kleiner Lichtblick ist das erste 91-er Resultat, leider auch das höchste - 3 Ausrufezeichen!!!), trudeln die letzten Schützen ein. Sofort unterrichte ich über die katastrophalen Verhältnisse. Wer hört das schon gerne. Die Enttäuschung nimmt zu. Nachdem gut die Hälfte die Sektion absolviert hat, wage ich nicht mal annähernd einen Blick auf meine Liste. Die habe ich bereits seit dem Vormittag nicht mehr nachgeführt. Mein Gefühl sagt mir, dass es keinen Sinn macht. Ich resigniere bereits beim Präsidenten indem ich ihm sage, dass das Berechnen im Moment für ‚d'Füchs' ist. Ich merke, dass er sich auch schon mit der Tatsache abzufinden beginnt, dass es diesmal nicht reicht.
   Ich versuche nochmals einen Stich, der mir einigermassen gelingt. Nur, für eine Sektion definitiv zu unsicher. Der Wind ist immer noch unberechenbar. Auch meinen Schützenkameraden ergeht es so. Ein verflixter Tag.

   Was tun? Die absolut ungewohnte Situation erfordert jetzt Kalkül. Man muss Lösungen suchen. Ich spiele bereits mit dem Gedanken, in der darauf folgenden Woche nochmals nach Frauenfeld zu kommen und die Sektion bei besseren Verhältnissen zu absolvieren. Schnurstracks begebe ich mich ins Festzentrum und suche den Schalter auf, den ich an einem solchen Grossanlass noch nie in Anspruch nehmen musste - Rangeur -. Ich erkundige mich, ob und wann unter der Woche noch Scheiben frei wären. Der freundliche Herr empfiehlt den Dienstag oder Donnerstag, und will mir sogleich ein paar Rangeure aufschwatzen. Im Moment hat aber für mich das Aufsuchen dieses zuvorkommenden Herrn reinen Informationscharakter.
   Zurück im Schiesszelt hat sich die Situation keineswegs gebessert. Ich sehe mich in meiner Idee bestätigt, dass wir den Sektionsstich verschieben sollten. Sofort gebe ich den Freischützen die Info weiter, dass es noch diese Option gibt. Die Entscheidung wird für 7 Freischützen dadurch erleichtert, dass unsere Rangeure frühzeitig zur Neige gehen. Also, so was. Man ist sich einig, dass dieser Tag den Wurm drin hat. Sofort werden die Gründe gesucht, die zu diesem Fiasko geführt haben könnten. ‚Die Warner sind halt scho lahmi Sieche' - oder - ‚die hätten die Rangeure nicht kürzen dürfen'. Andere Vereine neben uns stecken in derselben Situation und bestärken uns in unseren legitimen Ausflüchten.

   Für mich geht dieser Tag als eher dunkelgrau bis schwarz in die Vereinsgeschichte ein. Aber jetzt gilt es, das Geschehene abzuschütteln und voraus zu schauen. ‚Tempi passati'.
   Zu Hause angekommen geht es gleich ans berechnen des Sektionsdurchschnittes. Von den 2 Sportwaffen hat eine geschossen, von den 26 Ordonnanzwaffen deren 20. Resultat: 88,3. Mir stehen die grauen Haare bergwärts. Das kann es nun wirklich nicht sein. Das wäre ja nicht mal der Silberkranz. Also, weiter im Text: Was müssen die verbliebenen glorreichen sieben denn noch an Resultaten bieten, damit es doch noch Gold wird? Die Rechnung beginnt von vorne. Ich komme zum Schluss, dass ein jeder ein 89-er Resultat abliefern muss. Ist das zu machen? Sicherheitshalber rechne ich noch zweimal nach. Ja, 89 ist die magische Zahl. Und beim Zuschlag habe ich mich gründlich ‚trumpiert'. Gerade mal elende 0,9 Punkte macht das aus. - Todmüde, frustriert und nun noch nervöser, was da noch auf uns zukommt, falle ich ins Bett. Endlich abschalten. Es gelingt sogar, für heute habe ich genug gerechnet - und die Würste vom Grill waren ja auch nicht ohne.

   Am Sonntagabend informiere ich die von der Schützenreise Heimkehrenden über unser berechnetes Schicksal. Oder hätte ich nichts sagen sollen, geraten die ‚Auserwählten' nun noch unter zusätzlichen Druck? - Was soll's, entweder gelingt es, oder eben nicht. (Diese Phrase ist allerdings wirklich leicht dahergesagt).


Kapitel V:    Hängende Fahne

   Während 3 Tagen ist der Gedanke omnipräsent, dass ich der erste bin, der schiessen wird. Ich habe mir den Dienstag reserviert, ebenso 2 Kameraden. Die anderen wollen ihr Glück am Donnerstag herausfordern. Ich setze mir zum Ziel, den Mitstreitern einen Vorsprung herauszuschiessen. 3, 4 oder 95 dürfen es schon sein. Damit wären die anderen etwas entlastet.
   Ich beobachte am Montag und Dienstag wieder die Prophezeiung der Windgötter auf dem Internet. Entwarnung, der Dienstag soll optimal werden. Windstill, aber heiss. Nicht so schlimm, denke ich, meine Schiessbrille beschlägt ja glücklicherweise nicht, wenn ich schwitze. Aber der Donnerstag sieht nicht gut aus. Eventuell sogar regnerisch oder gewittrig. Das Schicksal kennt keine Gnade, das Glück scheint sich bei den Freischützen endgültig verabschiedet zu haben. Ich rede mir ein, dass am Donnerstag fast alle mit der grossen Munition schiessen, da gibt es grössere Löcher in den Wind, es mag etwas mehr ‚verliide'.
   Gerade mal in 30 Minuten bin ich vom Büro aus auf dem Parkplatz der Allmend. Die ganze Atmosphäre scheint gelassen und ruhig, da es absolut keinen Andrang hat. Ich begebe mich zum Rangeurstand und bitte um 2 Rangeure am Vormittag. Der nette Herr rümpft die Nase, was meinen Puls unnötig höher schlagen lässt. Der wollte mir wohl weismachen es habe keine mehr. Habe ich mir etwas anmerken lassen? Egal, ich nehme die erhaltenen 40 Minuten Schiesszeit freudig entgegen.
   Im Schiesszelt ist alles optimal. Gegenüber dem letzten Samstag könnte ich glatt den ‚Querewäg' abliegen. Die Schiessfahne kann nicht besser hängen. So stelle ich mir die ultimative Schiessfahne vor. Ich bin ganz ruhig. Meine Montur klebt überall an der Haut. Trotz guten Bedingungen schiesse ich nur 91. Sprachlos und über mich verärgert verlasse ich die Stätte des Frustes. Der Siebener und der Achter wären nun wirklich nicht nötig gewesen.
   Zurück an meinem Arbeitsplatz wird natürlich sofort auf dem Internet das Resultat kontrolliert. Ich trage es in meiner Berechnungstabelle ein und denke mir, dass es so klappen kann, es sind 0,7 Punkte gutgemacht, 89,0. Abwarten. Jede halbe Stunde sehe ich die Schützenliste der Freischützen nach, ob ein weiteres Resultat verbucht werden kann. Die halben Stunden kommen mir ewig vor. Erst gegen Abend gibt es noch einen Aufsteller: wir bleiben im Rennen, die 2 geschossenen Resultate von 87 und 91 sind im Schnitt. Ich glaube es fast nicht. 89,9. Es steigt kontinuierlich. Trotzdem bleibt alles auf der Kippe. Die restlichen 4 Schützen sind weiterhin zum 89-er Schnitt verpflichtet.

   Mittwoch ist Schiessruhetag. Nicht für mich. Ich benutze die Pause um die Szenarien immer wieder durchzurechnen. Aber es nützt alles nichts, die Zahlen werden nicht besser. Auch ich muss den Donnerstag abwarten.


Kapitel VI:    Show-Down

   An diesem Donnerstag kommt mir der Morgen wie eine Ewigkeit vor. Der Kontrollblick auf die Internetkamera auf der Allmend sagt mir - na ja - es könnte schlimmer sein, aber auch besser. Ab Mittag ist es für mich wieder soweit. Nervös schaue ich dauernd auf die Resultatliste. Meine Berechnungstabelle ist bereit. Hat sich eigentlich einer schon mal überlegt, wie viel so ein Schützenfest die Privatwirtschaft kostet?

   Um 15.00 Uhr der Faustschlag ins Gesicht. Ein Resultat unter der Gürtellinie wird eingetragen. Puls 120. Warum nur . . . . Tausend Gedanken gehen durch den Kopf. Sofort rechnen: Gibt gerade mal 1 Zehntel Zuschlag. Der nächste Schütze schiesst mit dem 57-er, da darf ich nicht unbedingt eine Bombe erwarten. Zwischenstand: 90.04. Doch meine Erwartungen werden mehr als übertroffen. So kann man sich täuschen, jedes Schützenfest hat seine eigenen Regeln. Schiesst doch René das höchste 57-er Resultat mit 90 Punkten. Ich fasse es nicht. Dieser alte Haudegen. Ich denke, dass er bei diesem Stich wirklich ‚sabellonisch' geschossen hat. Rechnen. Zack: Wir sind auf 90,5 gestiegen. Jetzt braucht es wirklich nur noch ein ‚Müüü'. 2 Freischützen sind noch ausstehend.
   Gemäss Resultat auf dem Internet haben wir den Goldkranz bereits in der Tasche mit einem Schnitt von 91,08 Punkten. Mann, wer jetzt auf dem Internet ist wird sich schon gründlich freuen, dass es die Freischützen geschafft haben. Aber weit gefehlt. Das Resultat ist mit 12 Pflicht berechnet. Wir müssen aber 13 Pflicht zählen. Was stimmt denn da nicht? Selbstverständlich weiss ich, dass noch eine Standardwaffe schiesst. Diese ist bis dato noch nicht einberechnet. Meine Gedanken gehen mittlerweile so weit, dass ich mir überlege, die Schützin soll doch die Sektion mit dem Stgw90 schiessen. Da wir noch eine Ordonnanzwaffe Reserve haben, würde dieser Clou voll aufgehen. Der Teufel auf meiner linken Schulter sagt: ‚das ist der Ausweg, nur so kommst du zu Gold'. Ich wäge ab: Nun ja, gemogelt wäre das nicht. Der Engel auf meiner rechten Schulter pfeift mich zurück: ‚Habt ihr das wirklich nötig? Würdet ihr damit wirklich zufrieden sein'? - Ich bin im Clinch. Ich denke, andere würden das auch so machen. Wenn es um Gold geht, muss alles versucht werden. Die Entscheidung wird mir glücklicherweise abgenommen indem ich erkennen muss, dass ich die beiden Schützen in der Allmend gar nicht erreichen kann. -
   Allerdings gibt es noch den wirklich letzten Joker. Wenn alles in die Hose gehen sollte, müssen wir noch eine Ordonnanzwaffe schiessen lassen. Aber wer? Glücklicherweise sind wir im Moment noch nicht in dieser Lage, und das Fest dauert ja noch 2 Wochen an. Wir werden sehen.
   Ich will es nun genau wissen. Die Berechnungen sagen, dass die beiden letzten Wettkämpfer je 88 Schiessen müssen. Da noch die letztjährige Jahresmeisterin dabei ist, bin ich guter Hoffnung. Aber die lassen sich Zeit. Warum nur? Es ist schon 18.00 Uhr, als das nächste Resultat eintrudelt. Der Karabinerschütze hat zugeschlagen. Aber nicht so, wie man es erwarten würde, er am wenigsten. 81. Ein Absturz. Rechnen: 1 Zehntel Zuschlag. Schnitt: 90.56.

   Adrenallinschübe erster Güte. Die Rechnung ist jetzt ganz einfach. Meine Berechnungstabelle zeigt folgende Möglichkeiten: Ein 88er Resultat gibt 90,97, ein 89er gibt 91,04. Was mag da in der Allmend wohl vorgehen? Es ist mittlerweile 19.00 Uhr und das Resultat fehlt immer noch. Dann, endlich um 19.10 Uhr ist der Kessel geflickt. 90! - Ja!!!! - Ich bin beinahe sprachlos. Meine Frau darf es als erste erfahren. Die Freischützen haben es geschafft! Unglaublich. Ich vergleiche nochmals die gesamte Resultatliste mit meinen Einträgen. Stimmt. Auf den Tausendstel. Ich kann es wirklich nicht fassen. Die ‚Soucheibe' holen wirklich Gold. Wichtiger noch, unter welchen Umständen sie das geschafft haben! Einen beinahe ähnlichen Krimi gab es letztes Mal vor 15 Jahren. . . . . .
   Wir haben gekämpft und es wird belohnt. Beinahe möchte ich das Ganze im Nachhinein abtun mit: war ja nie ein Problem, wir sind ja die Freischützen Büblikon !!!
Sofort melde ich per SMS an ein paar Schützenkameraden: GOLD! - Simon, der vermutlich den Sinn des Textes falsch interpretiert, schreibt mir sofort zurück: PLATIN!

   Wie am Sonntag versprochen, muss ich noch andere Meldungen vollziehen. (STEIN auf Boden knallen! ! !).
Wenn ich mich nicht wirklich täusche, muss es so am Telefon getönt haben, als ich dem Senior-Ehrenpräsidenten die freudige Mitteilung mache. Er fragt noch 3 Mal nach, ob ich auch wirklich sicher bin und richtig gerechnet habe. Ja Hans, ich bin ganz sicher sicher.


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